Ausstellungstexte
In Rauch und Feuer – Die Sclacht im Fehmarn Belt 1644
Zwischen 1643 und 1645 trugen Schweden und Dänemark eine heftige und blutige Fehde aus.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) hatte sich Europa jahrzehntelang in religiösen und politischen Kämpfen verstrickt. Schweden nutzte die instabile Lage und eignete sich entlang der südlichen Ostseeküste immer mehr Macht an. Dies widerstritt den Ambitionen Christians IV., alleiniger Herr im Ostseeraum zu sein, und der König pokerte daher politisch hoch gegen die Schweden.
1644 sollte es zur endgültigen Auseinandersetzung zwischen den beiden damaligen Erbfeinden kommen. Im Fehmarnbelt ereignete sich eine dramatische Seeschlacht, bei der drei Schiffe versenkt wurden. Die Wracks der Swarte Arent, Lindormen und Delmenhorst wurden 2012 und 2020 von Unterwasserarchäologen untersucht. Diese Forschungen erfolgten im Rahmen der vorbereitenden Arbeiten zum Bau eines Auto-/Eisenbahntunnels zwischen Lolland und Fehmarn. Die Funde von geschmolzenen Bronzekanonen und Menschenknochen veranschaulichen die grauenerregenden Ereignisse, die den Anfang vom Ende der dänischen Großmacht im Ostseeraum bedeuteten.
Das Meer verwischt keine Spuren...
Der dänische König Christian IV. erhebt einen Sundzoll von einem Prozent auf alle Waren – und er beansprucht das Recht auf Beschlagnahme von Kriegsmaterial zum eigenen Gebrauch. Vielleicht fürchtet er einen schwedischen Angriff? Die Vereinigten Niederlande protestieren: Als größte Handelsnation in Europa bezahlen sie jetzt 80 Prozent der gesamten Zölle, die bei der Durchfahrung des Öresunds verlangt werden. Die Beschwerden wecken Besorgnis beim Reichsrat und der König wird aufgefordert, den Zorn der Niederländer zu dämpfen.
Sundzoll: Eine Abgabe auf Waren und Schiffe, die den Öresund durchfahren. Sie wurde 1429 von Erich von Pommern als Zahlung für den Schutz gegen Seeräuber, die Markierung von gefährlichen Riffen und Untiefen und Leuchten für ein sicheres Fahren bei Nacht eingeführt.
Reichsrat: Ein Gremium von Adligen und Geistlichen, das die Interessen des Reichs wahrnahm, den König kontrollierte und ihm diente.
Das Tor zur Ostsee
Der Öresund ist ein wichtiger Knotenpunkt im europäischen Seehandel. Zu allen Zeiten war es den dänischen Königen daran gelegen, dieses Tor zur Ostsee zu kontrollieren – und sie waren verführt, die Möglichkeiten auszunutzen, die ihnen Dänemarks zentrale Lage bot.
Der Zoll war das Handgeld des Königs. Die Mittel flossen nicht ins Reich, sondern an den König selbst. Der Zoll war seine einzige Möglichkeit, um wirtschaftliche Spielräume im Reichsrat zu bekommen und unabhängig vom dänischen Adel zu agieren.
In den 1630er-Jahren erhöhte Christian IV. den Sundzoll auf ein bis dahin ungekanntes Niveau. Nach Jahrzehnten mit Kriegen und Konfrontationen mit Schweden sollte die militärische Bereitschaft verstärkt werden. Gleichzeitig wollte der König den schwedischen Interessen im Ostseeraum entgegenwirken.
Peder Vibe, dänischer Gesandter in Stockholm, schnappt die schwedischen Pläne über einen Angriff auf Dänemark auf. Er setzt sofort Christian IV. davon in Kenntnis, der die Warnung aber ignoriert. Er verhöhnt Vibe dafür, dass er zum Krieg verführt worden wäre.
In Norddeutschland steht das schwedische Heer bereits an der Grenze zu Dänemark und der Feldherr Lennart Torstensson fällt mit „12.000 alten, gehärteten, siegesgewohnten Kämpfern“ in Holstein ein. Erst fünf Tage später erfährt Christian IV. vom Beginn des Torstenssonkriegs.
In nur zwei Wochen ist ein Großteil von Schleswig-Holstein erobert.
Torstenssonkrieg: Benannt nach Lennart Torstensson. In Skandinavien wird diese Auseinandersetzung „Torstenssonfehde“ genannt, weil Schweden Dänemark nie formell den Krieg erklärt haben.
Erdfeinde
Für die Schweden war der hohe Zoll nur ein Vorwand, um Krieg gegen Dänemark zu führen. Und aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit den Zollsätzen schlossen sich die Niederländer den Schweden an:
Der Zoll ist die wichtigste Einnahmequelle für den König von Dänemark. Das könnte ein Grund dafür sein, ihn ganz aufzuheben, doch auf jeden Fall ist es unser Interesse und das von Holland, ihn den Zoll erhöhen zu lassen.
Reichskanzler Axel Oxenstierna an den schwedischen Reichsrat, Juli 1640.
J. A. Fridericia: Danmarks ydre politiske Historie i Tiden fra Freden i Lybek til Freden i Prag (1629—1635) (Geschichte der Außenpolitik Dänemark in der Zeit vom Lübecker Frieden bis zum Prager Frieden (1629—1635)), Kopenhagen 1876.
Der Vormarsch Schwedens im Dreißigjährigen Krieg wurde von Oxenstierna dirigiert: Kampfgewohnte schwedische Truppen übernahmen die Kontrolle über einen Großteil von Deutschland und nun sollte ein Landesheer mit Torstensson an der Spitze versuchen, die Herrschaft Dänemarks über die Ostsee, den Öresund, den Kleinen und Großen Belt sowie die alten schwedischen Provinzen Schonen, Halland und Blekinge zu brechen.
- Lennart Torstensson (1603-1651), schwedischer Feldherr:
– bekannt für seine überrumpelnde Kriegsführung. Als 27-Jähriger Kommandant der schwedischen Artillerie, nach zahlreichen schnellen Siegen im Dreißigjährigen Krieg zum General ernannt. 1641 wurde er Oberbefehlshaber des schwedischen Heeres.
- Axel Oxenstierna (1583 – 1654), schwedischer Graf und Reichskanzler:
– ein einflussreicher Politiker und de facto Regent von Schweden, bevor Königin Christina mündig wurde (1632 – 1644). Durch eine straffere Finanzverwaltung, Kriege und Allianzen stärkte er die schwedische Militärmacht und die Stellung des Landes im Ostseeraum. 1643 setzte er einen Beschluss über einen Krieg gegen Dänemark durch.
Torstenssons Truppen dringen von Holstein aus weiter nach Jütland vor. Die Dänen sind in Unterzahl und vor Ende Januar ist ganz Jütland in schwedischer Hand. Christian IV. richtet den Blick auf Fünen und verstärkt die Verteidigung der Insel im Zentrum des Reiches. Deutsche kaiserliche Truppen unterstützen Dänemark und greifen Torstensson von Süden an. Er gibt die Einnahme Fünens auf und gibt seinen Truppen freie Hand, Jütland zu verheeren und auszuplündern.
Feldmarschall Gustav Horn führt sein schwedisches Heer mit 11.000 Mann hinein nach Schonen. Er erobert Helsingborg, Lund und Landskrona. Die Dänen starten einen Gegenangriff. In den folgenden Wochen und Monaten wogen die Kämpfe hin und her. Horns Truppen werden zurückgedrängt – für einen Augenblick.
Von Seeseite setzt Christian IV. eine kleinere dänische Flotte ein, um die schwedischen Kriegsschiffe in Göteborg festzusetzen.
Eine Hilfsflotte der Vereinten Niederlande liegt im Lister Tief, bereit um Torstenssons Truppen nach Fünen und Seeland zu bringen. Mit 9 gegen 14 Schiffe nimmt Christian IV. den Kampf auf. Die kräftigen Kanonen der dänischen Flotte zerschlagen die niederländischen Schiffe. Um die völlige Zerstörung zu verhindern, ziehen sie sich in flaches Gewässer zurück. Die großen dänischen Schiffe können ihnen nicht folgen, blockieren aber die Ausfahrt. Erst nach vielen Tagen entkommen die Niederländer dem Griff der Dänen.
Die Seeschlacht im Lister Tief ist die erste von drei berühmten Seeschlachten im Torstenssonkrieg. Sie hat eine wichtige militärgeschichtliche Bedeutung: Obwohl sie fünf Schiffe mehr hatte, konnte die niederländische Flotte mit leichten, bewaffneten Handelsschiffen sich nicht gegen die spezialisierten, mit kräftigen Kanonen ausgerüsteten dänischen Kriegsschiffe durchsetzen. Die Seeschlacht gilt als erste, bei der die Größe und Anzahl der Kanonen sich als weitaus wichtiger erwies als die Größe der Flotte.
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen vom Lister Tief begann Dänemark nach 1650 mit dem Bau von großen und kräftig bewaffneten Kriegsschiffen. Ein Beispiel hierfür ist das Schiffsmodell der Christianus Quintus, das im Treppenhaus zur Ausstellung hängt.
- Louis de Geer (1587-1652), niederländischer Kaufmann:
– erlangte große Bedeutung für die Entwicklung des schwedischen Gemeinwesens. Er war verantwortlich für große Investitionen in die Eisen- und Waffenherstellung in Schweden und schuf neue Arbeitsmethoden, so dass die Industrieproduktion aufblühte. Er teilte den Widerstand gegen den hohen Sundzoll mit der schwedischen Königsmacht und rüstete mit eigenen Mitteln die niederländische Hilfsflotte für den Krieg mit Dänemark aus.
Der Krieg verlagert sich in die Ostsee. Eine schwedische Flotte hat vor der Kolberger Heide geankert. Etwa um 9 Uhr trifft die dänische Flotte mit Christian IV. an Bord der Trefoldigheden ein. Die Schweden setzen gegen Mittag die ersten Angriffe. Der König verliert durch Granatsplitter ein Auge, doch die Kämpfe werden erst bei Einbruch der Dunkelheit eingestellt.
Beide Seiten erleiden Verluste. Niemand kann sich zum Sieger erklären, obwohl eine Landung der Schweden verhindert werden kann.
- „Dänemarks Christian“
Die Seeschlacht auf der Kolberger Heide ist die sagenumwobenste aller dänischen Seeschlachten. Sie endete zwar undramatisch, doch das Heldentum von Christian IV. wird in der Folgezeit stark hervorgehoben: In der Königshymne, den Darstellungen der dänischen Geschichte und auf vielen Gemälden wird der König als führender Monarch Skandinaviens dargestellt, der im Krieg an vorderster Front stand.
Die Wirklichkeit war eine andere. Der Druck die Niederlage im Krieg gegen die kaiserlichen Truppen und die schwedische Machtdemonstration im Dreißigjährigen Krieg zwangen den König, sich an die Spitze der Flotte zu stellen.
Christian IV. war sich seines Nachruhms bewusst. Er gab Werke über die dänische Geschichte in Auftrag und ließ Prachtbauten wie das Schloss Rosenborg und den Runden Turm in Kopenhagen errichten. Im 19. Jahrhundert wurden die ersten kritischen Stimmen laut. Sie argumentierten, dass die Politik von Christian IV. der Anfang vom Ende von Dänemark als Großmacht war. Trotzdem tragen Werke älterer dänischer Schriftsteller und Künstler wie Ludvig Holberg, Johannes Ewald und Wilhelm Marstrand – und das eigene Geschichtsbewusstsein von Christian IV. – immer noch dazu bei, dass er im nationalen Bewusstsein der Dänen eine hervorragende Stellung einnimmt.
Nach der Seeschlacht auf der Kolberger Heide ist die schwedische Flotte in der Kieler Förde eingeschlossen. Der dänische Admiral Peder Galt patrouilliert davor und verhindert einen schwedischen Rückzug. Doch er versäumt einen Angriffsbefehl vom König und der schwedische Admiral Carl Gustav Wrangel nimmt die Gelegenheit wahr, um zu entkommen.
Unterdessen bereiten die Schweden von Stockholm aus eine neue Offensive vor.
- Wussten Sie, dass Christian IV. sich nicht davor scheute, die Schuld an der Niederlage auf seine Admirale abzuwälzen?
Peder Galt wurde zum Tode verurteilt und auf dem Platz vor dem Kopenhagener Schloss (heute Schloss Christiansborg) geköpft.
Noch eine niederländische Hilfsflotte schließt sich den Schweden in der Ostsee an. Ein dänisches Geschwader versucht sie aufzuhalten. Es kommt zu einem Feuergefecht, bei dem die Takelage des Kriegsschiffs Tre Løver zerschossen wird, so dass die Segel herabstürzen. Die Hilfsflotte entkommt, zur großen Irritation des Königs.
Geschwader: Ein Verband von Kriegsschiffen verschiedener Typen, geleitet von einem Admiral
Takelage: Masten, Taue und Segel auf einem Schiff.
Mit dem Flaggschiff Patientia an der Spitze patrouillieren 17 dänische Schiffe zwischen Fehmarn und Lolland. Admiral Pros Mund soll das Reich beschützen und die Bewegungen der schwedischen Flotte im Auge behalten. Doch die Besatzungen der Schiffe sind von Krankheit gezeichnet.
Flaggschiff: Das Schiff, auf dem sich der kommandierende Offizier befindet.
Am 11. Oktober taucht eine schwedisch-niederländische Flotte unter Leitung von Admiral Carl Gustav Wrangel mit 42 Schiffen in den südlichen dänischen Gewässern auf. Der dänische Admiral Pros Mund möchte den Kampf gegen den überlegenen Feind aufnehmen. Doch ein Gewitter sorgt dafür, dass beide Flotten, nur wenige Kilometer voneinander entfernt, den ganzen nächsten Tag vor Anker bleiben müssen.
- Pros Mund (ca. 1589-1644), dänischer Seeoffizier:
– einer der vertrautesten Seeoffiziere von Christian IV. Zum Admiral ernannt während des Torstenssonkriegs, in dem er an allen drei Seeschlachten teilnahm. Sein Einsatz wurde als heldenhaft hervorgehoben.